Linken-Fraktion drängt auf weitere Schritte bei der „Kaiserworth“

Zwei Traditionshotels in direkter Marktplatznähe, die seit Anfang 2023 ihre Türen geschlossen haben, und ein Leerstandswettbewerb, der in zwei Runden zweimal eine Pleite erlebt hat: So sehen es die Linken und wünschen sich von der Stadt mehr Druck.

GZ, 28.09.2024 Redakteur: Frank Heine

Goslar. Mit großer Sorge und wachsender Ungeduld betrachtet die Linken-Ratsfraktion die Entwicklung in der Goslarer Altstadt. Ein besonderes Augenmerk legen Michael Ohse und Rüdiger Wohltmann auf den Stillstand bei den denkmalgeschützten Traditionshotels rund um den Marktplatz und den Leerstand vieler Geschäfte im Zentrum.

„Wir bewegen uns langsam auf den dritten Winter zu, in denen die Hotels ‚Kaiserworth‘ und ‚Brusttuch‘ leer stehen“, sagt Wohltmann. Und er schließt die Frage an: „Was hat sich seit Juni eigentlich getan?“ Mitte Juni war es nämlich, als die Stadtverwaltung zuletzt auf eine Anfrage von Bürgerlisten Ratsherr Henning Wehrmann geantwortet hatte.

Damals hieß es aus dem Rathaus, dass der Berliner Eigentümer Ioannis Moraitis „das Szenario der Wiederaufnahme des Betriebs“ für „Kaiserworth“ und „Brusttuch“ vertrete. Allerdings müssten „bauordnungsrechtlich“ noch Aussagen über Investitionen getroffen werden. Grundsätzlich verfolge man die Strategie, „dass der Hotelbetrieb am Marktplatz wieder aufgenommen und uneingeschränkt fortgeführt wird“.

„Lokale Interessenten“

Die Stadt bestätigte aber auch, dass es „lokale Interessenten“ für beide Hotel-Immobilien gebe, die die Verwaltung „beraten und begleitet“ habe. Wegen einer Vertraulichkeitsvereinbarung habe man die möglichen lokalen Investoren aber nur bedingt begleiten können. Den Erwerb durch einen lokalen Interessenten sehe die Stadt positiv und unterstütze ein solches Vorhaben. Aufgrund des Investitionsstaus in den Hotels habe das Kaufangebot jedoch nicht die Erwartungen des Eigentümers erfüllt.

So weit die Wasserstandsmeldungen aus dem Juni. Ohse und Wohltmann mahnen die Verwaltung jetzt Ende September, sich nicht weiterhin immer nur vertrösten zu lassen, sondern Ergebnisse einzufordern und konkrete Schritte einzuleiten. Was am Ende als letzte Möglichkeit auch eine Enteignung bedeuten könnte, um die beiden historisch wertvollen Gebäude mitten im Goslarer Zentrum vor dem Verfall zu bewahren. „Die Verwaltung muss auf jeden Fall mehr Druck entwickeln – es muss einfach mehr Drive rein“, erklärt Wohltmann.

Berliner Sichtweisen

Aber welches Augenmerk legt Eigentümer Moraitis überhaupt noch auf seine Goslarer Hotels? Der Immobilienunternehmer taucht seit einigen Wochen immer wieder in den Schlagzeilen nicht nur Berliner Zeitungen auf, die sich mit seinem Geschäftsgebaren vor allem, aber nicht nur in der Bundeshauptstadt kritisch auseinandersetzen. Zu lesen ist von wirtschaftlichen Schwierigkeiten, unzufriedenen Kunden und Mietern sowie laufenden Behördenermittlungen in Berlin und Hamburg. Die Goslarer Linken erwägen deshalb, einen oder zwei Politiker aus ihren Berliner Reihen für eine Info-Veranstaltung in die Welterbestadt zu holen. Sehr weit sind diese Pläne zwar noch nicht gediehen. Aus Sicht des Duos bieten sich aber Niklas Schenker und/oder Gabriele Gottwald an.

Schenker gehört der Linken-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus an, sitzt im Ausschuss für Stadtentwicklung, Bauen und Wohnen und ist Linken-Sprecher für Mieten und Wohnen. Er hatte Mitte August laut Internetseite der Berliner Links-Fraktion Anzeige bei Steuerfahndung gegen einen „stadtbekannten Aufwerter“ erstattet. Die Behörde solle wegen des Verdachts auf eine Umgehung der Zahlung der Grunderwerbssteuer beim Anteilskauf der Grundstücke Hafenplatz 6-7 und Köthener Straße 28-32 tätig werden und untersuchen, inwiefern die von Moraitis zum Kauf des Hafenplatzes genutzten Firmenkonstruktionen legal oder illegal seien.

Gottwald wiederum sitzt in der Bezirksverordnetenversammlung Friedrichshain-Kreuzberg und ist dort stadtentwicklungspolitische Sprecherin ihrer Fraktion. In einem Interview beschreibt sie das Handeln von Moraitis wie folgt: „Sein erstes Geschäftsmodell war, Altbauten aufzukaufen, sie auch an Partner weiterzureichen, die dann über Modernisierung die Mieter*innen rausdrängten und anschließend in Eigentumswohnungen umwandelten. Das funktionierte nicht mehr so lukrativ, als 2019 die Gesetze verschärft wurden. Dann ist er in den Neubau eingestiegen.“ Sie rät aber auch zu verbaler Vorsicht, da Moraitis als „sehr klagefreudig“ gelte.

Auf 1a-Lagen konzentrieren

Ohse und Wohltmann schauen aber nicht nur auf die beiden geschlossenen Hotels. Allgemein gäben die vielen Leerstände Anlass zur Sorge. Im Leerstandswettbewerb, den die Stadt Goslar jetzt zweimal praktiziert hat, sieht das Duo aber weder eine Lösung noch den richtigen Ansatz. „In der ersten Runde haben wir damit eine Pleite erlebt, und in der zweiten Runde haben wir damit eine Pleite erlebt – das ist gescheitert“, erklärt Wohltmann. Da helfe es auch nicht, wenn sich die Stadtverwaltung wie zuletzt alles schönrede. Dass die Stadt jetzt Flächen selbst anmiete und sie zu billigeren Konditionen an Dritte weiterreiche, sei kein Programm, das auf Dauer Bestand haben könne. „Die Stadt leidet“, sagt Wohltmann – und sie leide aus seiner Sicht sehr wohl an überzogenen Mietpreisforderungen. Zuletzt hatte die Verwaltung diesen Faktor im Wirtschaftsausschuss anders gewichtet. Besser wäre es nach Linken-Meinung, sich auf die echten 1a-Lagen in der zentralen Innenstadt zu konzentrieren, um hier ein besseres Bild abzugeben.